Noonan-Syndrom
nach Jacqueline Noonan, amerikanische Kinderkardiologin
Synonyme: Male-Turner-Syndrom, Pseudo-Turner-Syndrom
Definition
Das Noonan-Syndrom ist ein Fehlbildungskomplex mit genetischer Ursache, der in seinem Erscheinungsbild dem Ullrich-Turner-Syndrom sehr ähnlich ist.
- ICD10-Code: Q87.1
Abgrenzung
Der Chromosomensatz beim Noonan-Syndrom ist 46,XX oder 46,XY. Beim Turner-Syndrom liegt hingegen eine Monosomie des X-Chromosoms vor (45,X oder Mosaik).
Epidemiologie
Das Syndrom ist eines der häufigsten genetischen Syndrome und die zweithäufigste Ursache für angeborene Herzfehler. Die Inzidenz in Deutschland beträgt 1:1.000 Geburten.
Anders als das Turner-Syndrom kann das Noonan-Syndrom nicht nur bei Mädchen, sondern auch bei Jungen auftreten.
Entstehung
Das Noonan-Syndrom tritt meist sporadisch auf. In wenigen Fällen liegt eine autosomal-dominante Vererbung und somit eine familiäre Häufung vor. Jedoch werden momentan weitere Vererbungsmuster diskutiert.
Bei mehr als 90 % der Patienten liegt eine Mutation in Genen des Ras/Raf/MAPK-Signalweges vor. In ca. 50 % der Fälle ist das PTPN11-Gen auf Chromosom 12 betroffen. Andere betroffene Gene sind z.B. SOS1, RAF1 oder KRAS.
Die Vererbung des Noonan-Syndroms erfolgt i.d.R. über die Mutter, da die männlichen Patienten mit Noonan-Syndrom in der Regel unfruchtbar sind.
Symptome
Der typische Symptomenkomplex beinhaltet Hypertelorismus, Ptosis sowie große und tief sitzende Ohren; dies wird als "Noonan-Facies" bezeichnet. Weiterhin sind Kleinwuchs und Pulmonalstenose typisch. Die meisten Symptome sind sehr variabel, zu ihnen zählen u.a.:
- milde geistige Retardierung
- Mikrobrachyzephalie
- Pterygium colli ("webbed neck"): lose Nackenhaut
- Tiefer Haaransatz
- Buschige, zusammengewachsene Augenbrauen
- Augenfehlbildungen
- Hypertelorismus
- Ptosis
- Strabismus
- Epikanthus
- Myopie
- lateral abfallende ("antimongoloide") Lidachse
- Nase mit aufgerichteten Nasenlöchern
- vermehrte Körperbehaarung
- z.T. Reduktionsanomalien der Extremitäten
- Kielbrust oder Trichterbrust
- Kryptorchismus
- Nierenfehlbildungen: einseitige Nierenagenesie, Lageanomalie, strukturelle Anomalie
- Herzfehler
- Gedeihstörung
- Minderwuchs
Seltenere Symptome sind:
- Mikrognathie
- hoher Gaumen
- Hörstörungen
- Aszites
- Fehlbildungen des Lymphsystems
- Fehlbildungen der Mamillen
- weiter Mamillenabstand
- invertierte Mamillen
- hypoplastische Mamillen
- Hypospadie
- Café-au-lait-Flecken
- Neurofibrome
- Spina bifida occulta
- muskuläre Hypotonie
- Naevi
- Skoliose
- Cubitus valgus
- Gerinnungsstörungen
- Ess- und Trinkschwäche
All diese Symptome können, müssen jedoch nicht im Rahmen eines Noonan-Syndroms auftreten. Daher ist die rein klinische Diagnosestellung oft unsicher.
Am auffälligsten sind die Symptome, die denen des Turner-Syndroms gleichen, sowie die Herzfehler.
Therapie
Da es zurzeit (2023) keine kausale Therapie der Ursachen des Noonan-Syndroms gibt, werden vor allem die Symptome behandelt, wobei hier die Herzfehler im Vordergrund stehen. Beispielsweise muss aufgrund der Pulmonalstenose häufig eine Operation der Herzklappen vorgenommen werden. Durch die Gabe von Wachstumshormonen wird versucht, den Kleinwuchs zu behandeln. Einige Fallberichte deuten auf eine Effektivität von MEK-Inhibitoren bei Eintreten einer HCM hin.[1][2][3]
Einzelnachweise
- ↑ Leegaard et al, Successful MEK-inhibition of severe hypertrophic cardiomyopathy in RIT1-related Noonan Syndrome. European Journal of Medical Genetics, 2022.
- ↑ Mussa et al., MEK Inhibition in a Newborn with RAF1-Associated Noonan Syndrome Ameliorates Hypertrophic Cardiomyopathy but Is Insufficient to Revert Pulmonary Vascular Disease. Genes, 2021.
- ↑ Andelfinger et al, Hypertrophic Cardiomyopathy in Noonan Syndrome Treated by MEK-Inhibition. Journal of the American College of Cardiology, 2019.